Damit dir das Enneagramm die tieferen Beweggründe hinter deinem Verhalten aufzeigen und helfen kann, in deiner Selbstwahrnehmung zu wachsen, musst du dir überhaupt erst einmal sicher sein, welcher Typ du bist. Verwechslungen können schonmal passieren. Diese Seite ist daher speziell dafür gedacht, Vierern zu zeigen, ob sie sich möglicherweise selbst falsch eingeordnet haben.
Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie und warum Verwechslungen überhaupt passieren, kannst du das hier tun.
Auf den ersten Blick scheint es ziemlich unwahrscheinlich, die strengen, prinzipientreuen Eins mit der emotionalen, dramatischen Vier zu verwechseln. Beide Typen sind allerdings durch eine Linie im Enneagramm miteinander verbunden, die sie in bestimmten Situationen zueinander zieht. Hoch gestresste Einsen können sich sehr wie ungesunde Vierer fühlen: Ihr innerer Kritiker treibt sie zu Gefühlen von Melancholie, Depression und Entfremdung, die bei Vierern ziemlich häufig auftreten. Umgekehrt erkennen sich gesunde und reife Vierer manchmal in der Persönlichkeit des Reformers wieder, weil sie die Disziplin und Mäßigung der Einsen in ihre Persönlichkeit integriert haben.
Das ist aber nicht der Standardzustand. Ein gutes Beispiel dafür, wie grundlegend unterschiedlich beide Typen das Leben angehen, ist, wie sie mit ihren Gefühlen umgehen: Für Einsen kommt zuerst die Verantwortung, dann der Umgang mit ihren Gefühlen (wenn überhaupt). Vierer hingegen finden, dass sie zuerst ihre Gefühle klären müssen, bevor sie sich um ihre Verantwortlichkeiten kümmern können.
Es stimmt, dass beide perfektionistisch und kritisch gegenüber sich selbst und anderen sein können. Aber Vierer werden gereizt, wenn Dinge sich nicht richtig anfühlen – wenn es ihre ästhetischen oder persönlichen Empfindlichkeiten verletzt –, während Einsen kritisch werden, wenn Dinge einfach nicht „so sind, wie sie sein sollten“.
Ein letzter Punkt, der die beiden Typen klar unterscheidet: Wenn Vierer gereizt werden, ziehen sie sich zurück und brechen die Kommunikation ab. Wenn Einsen wütend werden, konfrontieren sie dich mit ihrer Meinung, weil sie die Dinge in Ordnung bringen wollen.
Dies ist eine Verwechslung, die selten vorkommt. Zwar können sowohl Zweier als auch Vierer sehr emotional und auf Beziehungen ausgerichtet erscheinen, aber sie werden normalerweise schnell an ihren grundlegend unterschiedlichen Ansätzen erkannt: Zweier gehen auf andere zu und bieten sich ihnen an, während Vierer sich von anderen zurückziehen in der Hoffnung, dass man nach ihnen suchen wird.
Zweier sind sehr auf die Gefühle anderer abgestimmt und neigen dazu, ihre eigenen Gefühle zu vernachlässigen. Vierer sind sehr auf ihre eigenen Gefühle abgestimmt und neigen dazu, die Gefühle anderer zu vernachlässigen.
Oder um es noch knapper und dramatischer zu machen (etwas, das beide Typen sicherlich zu schätzen wissen): Vierer suchen jemanden, der sie rettet, Zweier suchen jemanden, den sie retten können. Das macht zwar ein gutes (wenn auch etwas gefährliches) Team aus – macht es aber auch sehr unwahrscheinlich, dass die beiden verwechselt werden.
Wie bei allen Typen, die im Enneagramm nebeneinander liegen, geht es bei Dreiern und Vierern nicht so sehr um eine Verwechslung als um die Frage, welcher Typ der Haupttyp und welcher ein Flügel ist. Da wir an anderer Stelle ausführlicher über Flügel sprechen, geht es hier nur den Hauptunterschied zwischen den beiden Typen.
Um herauszufinden, welcher dein Haupttyp ist, achtest du am besten darauf, wie du mit Emotionen umgehst. Dreier legen mehr Wert auf Produktivität und darauf, Dinge erledigt zu kriegen. Wenn ihnen Emotionen (die sie natürlich haben) im Weg stehen, neigen sie eher dazu sie zu ignorieren (und manchmal zu vergessen) und sich stattdessen auf die Aufgabe zu konzentrieren. Vierer hingegen kümmern sich zuerst um ihre Gefühle. Sie haben eine tiefe Abneigung gegen diese Art emotionaler Vernachlässigung der Drei. So etwas sehen sie als unauthentisch an, während Dreier sich von dem, was sie als emotionale Ablenkung der Vierer ansehen, genervt fühlen.
Ein letztes Wort: Es spielt keine Rolle, ob du dich selbst als „kreativ“ betrachtest oder nicht, um zwischen Typ Drei und Typ Vier zu unterscheiden. Kreativität ist kein Monopol der Vier – jeder Typ ist auf seine Weise kreativ. Es gibt eine Menge Künstler, Musiker, Schauspieler und Schriftsteller vom Typ Drei.
Wie bei allen Typen, die im Enneagramm nebeneinander liegen, geht es bei Vierern und Fünfern nicht so sehr um eine Verwechslung als um die Frage, welcher Typ der Haupttyp und welcher ein Flügel ist. Da wir an anderer Stelle ausführlicher über Flügel sprechen, geht es hier nur den Hauptunterschied zwischen den beiden Typen.
Was Fünfer und Vierer so ähnlich erscheinen lässt, ist ihr ausgeprägter Individualismus und ihre Tendenz, sich zurückzuziehen. Beide sind eher introvertiert und können durchaus exzentrisch werden. Aber es gibt einen Bereich, der eine klare Linie zwischen den beiden zieht: Für Typ Vier steht das Herz im Vordergrund. Für Typ Fünf ist es der Kopf.
Vierer gehören zur Herzgruppe. Sie sind emotional ausgerichtet – Vierer müssen ihre Gefühle ausdrücken und möchten, dass andere ebenfalls emotional auf sie reagieren. Fünfer sind Menschen des Verstandes, weshalb sie zur Kopfgruppe gehören: Obwohl sie ebenso tiefe Emotionen verspüren, behalten sie diese meist für sich, lösen sich von ihnen, analysieren sie und bevorzugen es, wenn Menschen unemotional mit ihnen kommunizieren. Fünfer fühlen sich unwohl, wenn sie sich mit zu vielen Emotionen einer anderen Person auseinandersetzen müssen – Vierer sind erst dann genau in ihrem Element.
Wenn sich beide Typen gedanklich an dunkle Orte begeben (was sie, ehrlich gesagt, einfacher finden als die meisten anderen), wenden sich Vierer dem emotionalen Schmerz zu: Herzschmerz, Enttäuschungen aus der Kindheit, „Leben ist Leiden“ – während sich Fünfer dem abstrakten Schmerz zuwenden: Innere Leere, die Sinnlosigkeit des Lebens, das große existenzielle Vakuum.
Herz oder Verstand? Das unterscheidet diese beiden Typen.
Vierer und Sechser können normalerweise leicht unterschieden werden. Vor allem Vierer verwechseln sich fast nie selbst mit Sechsern. Sie werfen einen Blick auf den Wunsch und die Fähigkeit der Sechs, sich anzupassen und sich der Autorität anderer zu unterwerfen – und fühlen sich persönlich beleidigt. Derart ausgeprägt ist der Individualismus der Vier.
Die einzige wirkliche Verwirrung zwischen den beiden entsteht, wenn Sechser – insbesondere die kreativen unter ihnen – meinen, Kreativität sei alles, was Typ Vier ausmacht. Dann meinen sie manchmal, sie wären eine Vier. Aber Kreativität ist nicht auf einen Typen beschränkt. Schauen wir uns also die tieferen Muster von Vierern und Sechsern an, um zu sehen, wie sie sich in ihrer Kreativität deutlich unterscheiden.
Sechser sind großartig darin, sich auf Menschen zu beziehen, während Vierer sich weniger auf Menschen und viel mehr auf ihre innere emotionale Welt beziehen. Die Kunst der Vier ist daher stark selbstbezogen, sie erforscht die Tiefe ihrer Seele, behandelt subjektive, persönliche Angelegenheiten. Vierer sind wahrhaft introvertiert.
Im Gegensatz dazu sind Sechser, obwohl sie keine wahren Extrovertierten sind, definitiv mehr auf der menschenzugewandten Seite, und das zeigt auch sich in ihrer Kreativität. Sie sind häufiger darstellende Künstler als originelle Schöpfer; ihre Kunst befasst sich meist mit Themen, die sie betreffen, wie Sicherheit und Zugehörigkeit, sowie mit Themen, die über das Selbst hinausgehen, wie Familie, Politik und Gesellschaft als Ganzes.
Vierer suchen nach dem wahrsten und authentischsten Ausdruck ihres innersten Selbst (und kümmern sich nicht viel um etablierte Standards). Sechser sind in ihrer Kreativität meist hin- und hergerissen zwischen ihrer ambivalenten Beziehung zur Autorität – entweder ziemlich traditionell oder extrem rebellisch. Ihre Kreativität richtet sich nach außen, während die Kreativität der Vierer nach innen gerichtet ist (und in der Regel auch dort bleibt).
Obwohl es im Enneagramm keine wahren Gegensätze gibt, kommen Vierer und Siebener ziemlich nah dran. Der introvertierte Vierer, der es liebt, in die dunklen Tiefen der menschlichen Existenz einzutauchen, passt nicht gut zum lebenslustigen Siebener, der nichts lieber tun würde, als sich überhaupt nicht mit Negativität beschäftigen zu müssen. Daher kommt diese Fehlidentifizierung, sagen wir mal so gut wie nie vor.
Der einzige Moment, in dem diese beiden Typen einigermaßen ähnlich aussehen, ist in ihren zunehmend unreiferen Zuständen, wenn beide ins Exzessive gehen: Der Siebener wird materiell exzessiv, unsensibel und gleichgültig, um seiner Angst vor Schmerz zu entfliehen. Der Vierer jedoch wird emotional exzessiv, selbstverliebt und übermäßig besorgt um sinnliche Vergnügen – nicht um dem Schmerz zu entfliehen, sondern um sich ihm gegenüber zu betäuben.
Da dies jedoch ziemlich selten ist, gehen wir hier nicht weiter ins Detail. Wir wollten es nur erwähnen.
Dies ist eine weitere dieser Verwechslungen, die höchst unwahrscheinlich erscheint, bis man einen Aspekt betrachtet, der sie ähnlich aussehen lässt: Beide Typen können sehr leidenschaftlich sein, und Achter interpretieren ihre intensiven Gefühle und ihr Gefühl der Entfremdung gelegentlich als Zeichen, eine Vier zu sein.
Dort enden die Ähnlichkeiten aber auch schon wieder. Achter härten sich nämlich in Anbetracht dieser Emotionen ab, um ihr Gefühl der Selbstkontrolle aufrechtzuerhalten. Sie wollen es schnell hinter sich haben. Vierer wollen nichts hinter sich haben. Sie wollen ihren Schmerz annehmen und erkunden ihn so lange, wie es nötig ist.
Auf eine seltsame Weise könnte man Achter als Vierer beschreiben, die nach innen gekehrt sind: Während beide viel besser als andere Typen emotionale Schwierigkeiten ertragen, tun sie dies auf völlig unterschiedliche Weise. Achter stählen sich gegen emotionalen Schmerz und versuchen (oft erfolgreich… für eine Weile), ihn durch reine Willenskraft niederzuringen. Vierer gehen den entgegengesetzten Weg und tauchen in den Schmerz ein. Sie fühlen sich so wohl darin, dass er ihnen nicht auf dieselbe Weise schadet, wie er es bei anderen tun würde.
Noch eine Metapher, um diesen Punkt zu verdeutlichen: Wenn man sich Schmerz als eine Kugel vorstellt, die auf dich abgeschossen wurde, versteift sich die Acht so sehr, dass die Kugel einfach von ihr abprallt. Die Vier dagegen macht sich so weich, dass sie den Aufprall vollständig absorbiert und damit dessen tödliche Wirkung entkräftet.
Es gibt eine gewisse Überschneidung zwischen Neunern und Vierern, die zur Verwechslung zwischen den beiden führen kann. Beide sind zurückgezogene Typen mit weniger Energie als andere Typen. Beide können mit Prokrastination kämpfen, sich von der realen Welt loslösen und, positiv betrachtet, sehr kreativ sein (aber das trifft auf jeden Typen zu). Um sie zu unterscheiden, müssen wir uns ihre zugrundeliegende Weltanschauung anschauen, denn dort liegt der entscheidende Unterschied.
Um es mit möglichst wenigen Worten zu sagen: Neuner, die Vermittler, leben, wie ihr Name schon sagt, in einer Welt der Ruhe, in der Komfort ihr höchstes Ziel ist und Frieden um jeden Preis aufrechterhalten werden muss. Ihre Brillen sind sozusagen rosa gefärbt.
Vierer, auch Romantiker genannt, betrachten die Welt wie ein Außenstehender, der durchs Fenster nach innen schaut, wo alle anderen scheinbar viel glücklicher sind und jenes „normale“ Leben führen, von dem Vierer glauben, dass sie keinen Zugang dazu finden. Ihre Brillen haben einen dunklen, lila Farbton; ihre Welt ist nicht bequem.
Deswegen fühlen sich Vierer in ihrer Melancholie und ihrem Schmerz wohl (so sehr sie auch versuchen, ihn zu lösen und zu überwinden), während sich Neuner lieber von diesem Schmerz distanzieren, um ihren inneren Frieden aufrecht zu erhalten. Wenn sie sich beide zurückziehen, ziehen sie sich an unterschiedliche Orte zurück: Die Vier in grübelnde Isolation und die Neun an einen friedlichen, glücklichen Ort.
Herauszufinden, was die eigene Reaktion besser beschreibt, wird die Frage, ob Vier oder Neun, daher ziemlich schnell klären.